Vielleicht fragst du dich manchmal, woran du denn erkennst, welche Aufgabe denn wirklich DEINE Aufgabe ist – also die Aufgabe, die deine Talente und Herzensthemen vereint und die deinem Leben Sinn gibt. Es gibt tatsächlich einen wichtigen Hinweisgeber: Achte auf Flow-Erlebnisse!

Ganz sicher hast du dieses Gefühl schon erlebt: Du tust etwas, was du liebst und was du richtig gut beherrschst. Du gehst völlig in dieser Tätigkeit auf. Alles fließt von ganz alleine, du denkst überhaupt nicht darüber nach, was zu tun ist oder ob du diese Aufgabe meistern wirst – du weißt es. Die Handlung läuft im Autopilotmodus, du erlebst ein berauschendes Gefühl von Glück und spürst, dass du an irgendetwas Größeres „angedockt“ bist.

Der sogenannte Flow-Zustand geht auf den Glücksforscher mit dem schwierigen Namen Mihály Csíkszentmihályi zurück. Aufgewachsen im Europa der Nachkriegszeit, stellte dieser schon in jungen Jahren fest, wie schwer es den durch die Kriegsjahre geprägten Erwachsenen gelang, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben und einfach nur glücklich zu sein. Aufgrund seiner frühen Lebenserfahrungen widmete er sein Lebenswerk einer einzigen Frage:

 

Wann sind wir wirklich glücklich?

 

Mihály Csíkszentmihályi wusste, dass der entscheidende Glücksfaktor nicht das Einkommen sein konnte. Wachsender materieller Wohlstand führt nicht automatisch zu mehr Glück – das belegen Studien. Was war es also denn? Um dem Geheimnis des Glücks auf die Spur zu kommen, führte er Interviews mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern. Er stellte ihnen zwei Fragen:

  • In welchen Momenten sind Sie am glücklichsten?
  • Wann erbringen Sie Ihre beste Leistung?

Dabei fand er folgendes heraus: Menschen, die ihr Leben einem höheren Sinn gewidmet hatten, waren am glücklichsten. Sie erlebten häufig einen ganz bestimmten Glückszustand, den sie mit ähnlichen Worten beschrieben: Ein intensives Erlebnis, eine Art Ekstase oder ein rauschhaftes Erleben – als ob sie sich plötzlich in einer anderen Realität befinden würden. Diejenigen, die besonders viele dieser Erlebnisse hatten, schätzten sich auch als besonders glücklich, kreativ und produktiv ein.

Ikigai heißt im Flow sein

Mihály Csíkszentmihályi nannte diesen Zustand Flow (fließen) und umschrieb ihn als ein vollständiges Einssein mit dem Leben. Die eigene Existenz und die Außenwelt lösen sich für eine Weile auf, Sorgen und Gefühle von Hunger und Müdigkeit sind nicht mehr spürbar. Alles fließt mit Leichtigkeit, Körper und Geist bewegen sich von ganz alleine – im Zustand des Flow hast du das Gefühl, ans Universum „angedockt“ zu sein. Wie in einer unsichtbaren Choreographie wird alles gesteuert, und du könntest ewig so weitermachen…

Flow ist nicht an eine bestimmte Aufgabe gebunden. Flow-Erlebnisse können beim Sport und beim Tanzen ebenso auftreten wie bei künstlerischen Tätigkeiten wie Malen oder Musizieren. Auch bei rein geistigen Aufgaben wurden Flow-Zustände beschrieben. Ein Mathematiker kann Flow ebenso erleben wie ein Musiker, ein Schauspieler oder ein Dressurreiter. Auch meditative Techniken können einen Zustand von Flow herbeiführen. Flow erreichen wir immer dann, wenn unsere Gedanken schweigen.

Dann befindet sich unser Gehirn in einem perfekten Zustand der Harmonie. In diesem Zustand sind wir zu voller Konzentration und Kontrolle über einen längeren Zeitraum fähig. Im Alltag klappt das leider selten, denn unser Gehirn befindet sich dann meist im Chaos. Wir werden ständig abgelenkt, die Gedanken kreisen, dazu kommen Zeitdruck und Hetze, Störungen, der Blick auf das Smartphone, eine neue Email im Posteingang oder eine WhatsApp…

Csíkszentmihályi hat anhand der Erzählungen seiner Interviewpartner die wichtigsten Aussagen zum Flow-Erleben zusammengestellt:

 

Wie fühlt es sich an, im Flow zu sein?

 

  • Du gehst vollständig auf in dem was du tust, bist hoch konzentriert und fokussiert
  • Du fühlst eine Art Ekstase, als ob du dich außerhalb der üblichen Realität befinden würdest
  • Du verspürst eine starke innere Klarheit und Kontrolle – dadurch weißt du genau, was als nächstes zu tun ist und dass alles gut läuft
  • Du weißt, dass du die Aufgabe meistern wirst und dass deine Fähigkeiten der Herausforderung angemessen sind
  • Du spürst eine heitere Gelassenheit, machst dir keine Sorgen und blendest dein Ego aus – es ist dir egal, was andere denken
  • Du hast kein Zeitgefühl, sondern bist ganz in der Gegenwart
  • Du bist intrinsisch motiviert und nicht von äußeren Belohnungen abhängig

 

Wann hast du zum letzten Mal Flow erlebt? Was hast du konkret getan und wie hat sich das angefühlt? War das eher bei einer Freizeitbeschäftigung oder sogar an deinem Arbeitsplatz?

Die Beantwortung dieser Fragen gibt dir deutliche Hinweise auf dein Ikigai. Das berauschende Glücksgefühl erlebst du nur, wenn du intrinsisch motiviert bist, also deine Motivation aus der Tätigkeit selbst beziehst und nicht aufgrund äußerer Anreize und Zwänge.

Übrigens sind uns Kinder da um einiges voraus. Sie erreichen diesen Zustand besonders häufig und mühelos, gehen in ihrem Spiel völlig auf und vergessen alles um sie herum. Für ein Kind, das voller Hingabe spielt, existiert die Außenwelt gar nicht mehr. Als Erwachsene fällt es uns viel schwerer, diesen Zustand zu erreichen. Eines aber steht fest: Flow macht glücklich. Tätigkeiten, die Flow verursachen, solltest du daher so oft und so viel wie möglich ausüben. Schließlich sind es jene Dinge, die du liebst und besonders gut beherrschst. Sie sind ein deutlicher Hinweis auf dein Ikigai – die Aufgabe, die deinem Leben wirklich Sinn gibt und für die du auf der Welt bist. Alles andere sind nur Nebenschauplätze!